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Jeder Euro für Nachhaltigkeit und Klimaschutz spart Folgekosten

  • Autorenbild: Ethius Invest
    Ethius Invest
  • 11. Nov.
  • 6 Min. Lesezeit

Bemühungen um die ökologische Transformation haben weiterhin mit starkem Gegenwind zu kämpfen. Viele Maßnahmen werden zurückgedreht, wichtige Projekte, etwa im Klimaschutz, gestoppt. Milliardenschwere Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaften bleiben aus. Spätestens mittel- bis langfristig ist dies Gift für die Wirtschaft – und für unsere Demokratien. Gegen Projekte und Maßnahmen für Nachhaltigkeit und den Klimaschutz werden besonders gerne ökonomische Argumente ins Feld geführt. So heißt es immer wieder, diese seien zu teuer, nicht leistbar, schadeten den Unternehmen und gefährdeten die Wettbewerbsfähigkeit von Industrien, Volkswirtschaften und Wirtschaftsräumen. Doch diese Sichtweise verkennt eine zentrale Wahrheit: Die Kosten des Nicht-Handelns sind massiv. Sie übersteigen diejenigen der erforderlichen Investitionen bei Weitem.

Investitionen in den Klimaschutz sind ein Gebot der Vernunft

Dies belegt beispielsweise eine Studie, die 2024 im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht wurde. Den Erkenntnissen zufolge übersteigen die Schäden, die bis 2050 als Folge des Klimawandels zu erwarten sind, bereits heute – das heißt unabhängig von künftigen Emissionsentscheidungen – die Kosten für Maßnahmen zur Begrenzung der globalen Erwärmung um das Sechsfache. Dies heißt mit anderen Worten: Jeder investierte Euro in den Klimaschutz hilft mittel- und langfristig, ein Vielfaches an denjenigen Kosten zu vermeiden, die durch Extremwetter, Ernteausfälle, Gesundheitsbelastungen und Zerstörung von Infrastruktur entstehen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereits 2008. In ihrem damals veröffentlichten Bericht Costs of Inaction on Key Environmental Challenges legte das Industrieländerforum dar, dass die ökonomischen Kosten dann, wenn Umweltmaßnahmen nicht oder nicht ehrgeizig genug umgesetzt werden, beträchtlich sein werden. Dies betrifft dem Bericht zufolge auch Bereiche wie die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden sowie die nicht nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen. Investitionen in das Gesundheitssystem rechnen sich ebenfalls Dabei schaden der Klimawandel und die Umweltzerstörung nachweislich auch der Gesundheit von uns Menschen, woraus sich nochmals weitere Kosten und Nachteile für unsere sozialen Sicherungssysteme, Infrastrukturen und Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime ergeben. Aber auch unabhängig von den Folgen des Klimawandels auf unser Wohlbefinden rechnen sich Investitionen in die Gesundheitsversorgung – und dies vor allem dann, wenn diese präventive Maßnahmen fördert. So kommt etwa eine Studie des Beratungsunternehmens McKinsey zu dem Schluss, dass sich jeder hierzulande in Gesundheit investierte Euro um das Zweieinhalbfache auszahlt. Es zeigt sich also, dass die Kosten des Nichthandelns sowohl in sozialen als auch in ökologischen Bereichen zu beachten sind. Erneuerbare Energien – ein besonders deutliches Beispiel Die Logik der Kosten des Nichthandelns zeigt sich bei den erneuerbaren Energie nochmals besonders deutlich. Für Deutschland untersuchte dies beispielsweise das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme. In einer 2024 veröffentlichten Studie zu den Stromgestehungskosten erneuerbarer Energien wird detailliert dargelegt, wie sich die Kosten bei Photovoltaik, Windenergie, Biomasse und Biogas sowie Braun- und Steinkohle, Erdgas, wasserstoffbetriebene Gasturbinen wie auch Kernkraft aktuell darstellen und welche Entwicklung bis 2045 zu erwarten ist. Die Untersuchung zeigt deutlich: Bereits heute vermögen es vor allem die Photovoltaik und insbesondere die Windenergie, kostengünstiger zu produzieren als etwa die fossilen Energien. Bei der Kernkraft sind die Kosten besonders schwierig zu kalkulieren, wobei in den Szenarien der Studie etwaige Folgekosten dieser Risikotechnologie und die Endlagerung noch nicht einmal berücksichtigt wurden. Der heute festzustellende Trend wird sich der Untersuchung des renommierten Instituts zufolge bis 2045 weiter fortschreiben: Für erneuerbare Energien sind in Deutschland weiter fallende Kosten zu erwarten, während bei ihren fossilen Pendants mit steigenden Preisen zu rechnen ist. Windenergie und Photovoltaik als kostengünstigste Optionen Ein Blick über den großen Teich ergibt ein sehr ähnliches Bild. Laut einem in Scientific American publizierten wissenschaftlichen Artikel stellen die Wind- und Solarenergie in den USA im Vergleich zum Neubau von Kraftwerken für andere Energieträger bereits heute und ohne Subventionen die kostengünstigste Option dar. Um konkrete Zahlen zu nennen: Als Energiekosten wird für Onshore-Windprojekte der Preiskorridor von 37 bis 86 US-Dollar pro Megawattstunde genannt und für Solarprojekte von 38 bis 78 US-Dollar. Dagegen würden etwa neue Gaskraftwerke zwischen 48 und 109 US-Dollar liegen. Nur bereits in Betrieb befindliche Kohle- und Gaskraftwerke können derzeit noch günstiger sein. Es zeigt sich also einmal mehr: Erneuerbare Energien sind nicht nur ökologisch vorteilhaft, sondern bestechen bereits heute durch Wettbewerbsvorteile. Fallbeispiel USA: gestoppte Windenergie-Projekte Umso unverständlicher sind Entwicklungen vor allem in den USA, die nicht nur für den Klimaschutz desaströs sind, sondern auch das für unsere Gesellschaften und Demokratien so wichtige Vertrauen in Rechtsstaatlichkeit zu unterminieren drohen. Denn dort werden zunehmend Großprojekte im Bereich der erneuerbaren Energien gestoppt, die bereits Genehmigungsverfahren durchlaufen haben und sich auf dem Weg zur Inbetriebnahme befinden. Worum es geht und was auf dem Spiel steht, lässt sich an dem Projekt Revolution Wind des dänischen Unternehmens Ørsted vor Rhode Island an der Ostküste der USA veranschaulichen.

Über dieses Projekt wurde im August 2025 ein Baustopp[1] verhängt. Die Entscheidung begründete das Bureau of Ocean Energy Management (BOEM) mit nicht näher erläuterten nationalen Sicherheitsbedenken. Dabei soll Revolution Wind zu 80 Prozent fertiggestellt gewesen sein. 45 von 65 Windturbinen waren zu diesem Zeitpunkt bereits installiert. Ørsted und sein Partner Skyborn Renewables hatten in das Projekt rund fünf Milliarden US-Dollar investiert. So verwundert es nicht, dass der Baustopp beim dänischen Windparkbetreiber zu einem deutlichen Kursrückgang führte. Dänisches Erneuerbare-Energien-Unternehmen verklagt US-Behörden In der Folge reichte  Ørsted – zusammen mit den Bundesstaaten Rhode Island und Connecticut – eine Klage gegen die Maßnahmen der US-Regierung ein.[1] Die Klage wurde sowohl vor dem Bundesgericht in Washington, D.C., als auch in Rhode Island eingereicht. Connecticuts Generalstaatsanwalt William Tong soll Berichten zufolge auf einer Pressekonferenz von einer „völlig rechtswidrigen, unbegründeten und, offen gesagt, sinnlosen und dummen“ Maßnahme gesprochen haben und kündigte an, sich gegen Trumps „Krieg gegen Windkraft und gegen die Stromkunden“ zur Wehr zu setzen.

Trotz oder auch gerade wegen dieses Rückschlags kündigte Ørsted eine Kapitalerhöhung über 9,4 Milliarden US-Dollar[2] an, um die Finanzierung des Projekts und anderer Vorhaben zu sichern. Der dänische Staat, der knapp über die Hälfte der Anteile des Unternehmens hält, sowie der norwegische Partner Equinor unterstützen die Maßnahme. Auch wenn zwischenzeitlich der Baustopp wieder aufgehoben[1] wurde, setzte Ørsted die Maßnahmen zur Kapitalerhöhung Anfang Oktober wie geplant und zudem recht erfolgreich um.[2]  Kein Einzelfall, sondern ein grundsätzliches Problem Das Unternehmen wird das neu eingesammelte Kapital brauchen, denn die Widrigkeiten von behördlicher Seite rund um Revolution Wind sind kein Einzelfall. So ist zu lesen, dass sich derzeit 17 demokratisch regierte US-Bundesstaaten gegen die Aussetzung von Windenergieprojekten durch die Trump-Administration zur Wehr setzen müssen. Und es gibt weitere Beispiele, nicht nur aus den USA, sondern beispielsweise auch aus Alberta, wo die Wirtschaft ganz besonders von fossilen Energien abhängt.[1] In dem kanadischen Bundesstaat gab es beginnend mit August 2023 ein siebenmonatiges Moratorium für neue Genehmigungen von Projekten in erneuerbare Energien.

Die Fälle ähneln sich, denn die Baustopps, Moratorien und anderweitigen Verzögerungsmaßnahmen führen zu rechtlicher Unsicherheit, teilweise enormen finanziellen und operativen Risiken und unterminieren den ökologisch erforderlichen und ökonomisch sinnvollen Ausbau der erneuerbaren Energien. So warnt etwa der Gründer und Berater im Bereich grüner Technologien Michael Barnard, dass derartige politische Eingriffe nicht nur dem Sektor der erneuerbaren Energien schadeten, sondern das grundlegende Vertrauen in die Vertragstreue und Rechtsstaatlichkeit insgesamt erschüttern. Ideologische Motive mit weitreichenden Folgen Populistische konservative Regierungen sehen aus Michael Barnards Perspektive einen politischen Vorteil darin, sich gegen erneuerbare Energien zu stellen. Sie ergriffen Maßnahmen, die sich auf Projekte auswirkten, nachdem Verträge unterzeichnet und Finanzierungen zugesagt wurden. Sie rechtfertigten ihre Eingriffe mit weit gefassten, manchmal nebulösen, Begründungen und die Entwickler und Finanzierer blieben auf den Kosten sitzen. Eine Folge davon sei eine anhaltende Zurückhaltung bei ausländischen Investoren. Besonders alarmierend aber sei, so Michael Barnard, dass dann, wenn derartige Projekte aus rein ideologischen Gründen gestoppt werden, kein Vertrag mehr vor politischer Einflussnahme sicher sei. Wenn Regierungen Verträge missachten und damit faktisch Kapital zerstören, erschüttere dies genau dasjenige Vertrauen, das notwendig sei, um die erforderlichen Mittel für eine zukunftsfeste Infrastruktur zu mobilisieren.


Erneuerbare Energien weltweit auf Wachstumspfad Dies alles klingt nicht sehr ermutigend. Dabei gibt es auch gute Nachrichten und Entwicklungen – gerade im Bereich der erneuerbaren Energien. Denn aufgrund der sinkenden Kosten und der dadurch gestiegenen und – wie oben beschrieben – voraussichtlich weiter steigenden Wettbewerbsfähigkeit wie auch durch technologische Innovationen und eine zunehmende Akzeptanz verzeichnen regenerative Energien nach Zahlen des Weltenergierats seit einigen Jahren einen immensen Kapazitätszuwachs. Etwa 80 Prozent des Zubaus entfielen zuletzt auf die Erneuerbaren. Die installierte Leistung der Windenergie beispielsweise vervierfachte sich binnen elf Jahren. Die Photovoltaik-Leistung nahm im gleichen Zeitraum sogar um den Faktor 21 zu.

Es bleibt also zu hoffen, dass die Gegenkräfte, mit denen Maßnahmen und Projekte für die erforderliche sozial-ökologische Transformation zunehmend zu kämpfen haben, den grundsätzlich positiven globalen Entwicklungen bei den Erneuerbaren Energien nicht weiter das Wasser abzugraben vermögen. Und es bleibt darauf hinzuwirken, dass mehr Vernunft und Rationalität in die Bewertung dessen einfließt, worüber wir im Zusammenhang mit (Investitionen in) Nachhaltigkeit und Klimaschutz diskutieren. Stabilere Energiepreise, gesündere Lebensbedingungen und eine intakte Umwelt Denn es wird immer klarer: Wer in erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Gesundheitsinfrastruktur oder Umweltschutz investiert, sichert sich mittel- und langfristig stabile Renditen. Projekte, die heute gestoppt werden, verursachen nicht nur kurzfristige Verluste, sondern erhöhen das Risiko zukünftiger wirtschaftlicher Schäden. Unsere Marktwirtschaften und Demokratien profitieren von einer strategischen Ausrichtung auf Nachhaltigkeit.

Unternehmen, die frühzeitig auf saubere Energie, Ressourceneffizienz und Klimaschutz setzen, können Kosten sparen, Innovationen treiben und Wettbewerbsvorteile sichern. Gesellschaftlich bedeutet dies stabilere Energiepreise, gesündere Lebensbedingungen und eine intakte Umwelt. Die Botschaft ist klar: Investitionen in Nachhaltigkeit sind keine Kosten, sondern unverzichtbare Vorsorge für eine wirtschaftlich und gesellschaftlich lebensfähige Zukunft. Wer jetzt handelt, sichert wirtschaftliche Stabilität, Innovationskraft und gesellschaftlichen Wohlstand. Wer zögert, zahlt die Rechnung später – in Milliardenhöhe und mit spürbaren sozialen und ökologischen Schäden. Ethius Invest im November 2025



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